„Die Schlackenmetall GmbH in Muldenhütten“ – neue Publikation erschienen
Eine spannende Dokumentation über wegweisendes Projekt zur Rohstoffrückgewinnung während der Kriegsjahre
- kaum bekanntes Vorhaben hätte zu modernsten metallurgischen Anlagen der Welt gehört
- Sachsens Montanwesen und Bergakademie Freiberg als Innovationstreiber für Hüttenstandorte Deutschlands
- Band führt 2020 begonnene Schriftenreihe zum Sächsischen Berg- und Hüttenwesen fort
Unter dem Titel: „Die Schlackenmetall GmbH in Muldenhütten – Ein innovatives Recyclingprojekt zur falschen Zeit.“ legt der Sächsische Landesverband der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine eine weitere Publikation zum Sächsischen Berg- und Hüttenwesen vor. Damit wird er der Aufgabe gerecht, die Geschichte des bestimmenden Wirtschaftszweiges Sachsens zu bewahren, aufzuarbeiten und zu vermitteln.
Das Buch zeichnet auf 96 Seiten die Geschichte eines wegweisenden und seinerzeit weit vorausschauenden (Forschungs-) Vorhabens zur Wiedernutzbarmachung von metallischen Rohstoffen nach. Einhergehend mit dem Bau einer damals zu den weltweit modernsten Anlagen zählenden Hütte, wäre ein seltener Innovationsschub für die metallurgische Industrie überhaupt gelungen. Der Kriegsverlauf und die Bedingungen der Besatzungszeit verhinderten eine Verwirklichung.
Geniales Denken von Wissenschaftlern, hohe ingenieurtechnische Leistungen, politisch-militärische Ränkespiele, kriegsbedingte Mangelwirtschaft, unbedingte Erfolgsgläubigkeit und nicht zuletzt menschliche Tragödien zeichnen eine deutlich kontrastierte Skizze zum Bild der Zeit.
Mehr als 40 Abbildungen zeigen Standorte, Verfahren und wichtige Dokumente; sie geben Menschen ein Gesicht, die für immer mit der „Schlackenmetall“ verbunden sind.
Das fein ausgestattete Buch erscheint in Festeinband mit Lesebändchen. Der Preis beträgt EUR 19,95.
Der Autor des 2. Bandes der „Schriftenreihe zum sächsischen Berg- und Hüttenwesen“ ist ein ausgewiesener Kenner insbesondere des Freiberger Hüttenwesens. Franz-Peter Kolmschlag arbeitete nach dem Studium in der Fachrichtung Metallhüttentechnik ab 1973 als Ingenieur in der Hütte Muldenhütten. Ab 1979 war er im ökonomischen Bereich des Betriebes tätig, ab 1991 als Leiter Finanzen. Mit Privatisierung der Hütte 1993 bis zum Ruhestand 2015 war er Prokurist der Muldenhütten Recycling und Umwelttechnik GmbH. Zwischen 2014 und 2021 fungierte er als Geschäftsführer des Landesverbandes der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine.
Während er mit seiner Publikation „Sieben Jahrhunderte Hüttenstandort Muldenhütten“, das 2018 bereits in zweiter Auflage erschien, ein Überblickswerk schuf, lag nun die – nicht zuletzt in der Tätigkeit begründete – Bearbeitung eines speziellen Themas im Blickfeld.
Damit hat er sich zum Ziel gesetzt, einen bedeutenden Mosaikstein des weltweit schrittmachenden sächsischen Montanwesens vor dem Vergessen zu bewahren. Vor allem auch, um innerhalb der aktuellen Diskussion um Nachhaltigkeit, Ressourcenschonung und Wiedernutzbarmachung von Wertstoffen durch Recycling zu zeigen, wie weit man bereits vor Jahrzehnten in Forschung und Entwicklung war – wenn auch die Begleitumstände und Motivationen andere gewesen sind. Während einerseits alle Lagerstätten des Landes auf ihre Gewinnbarkeit untersucht wurden, lagen bei den Hüttenbetrieben um Freiberg sagenhafte Rohstoffmengen auf Halde: mehr als 230.000 Tonnen Eisen, fast 61.000 Tonnen Zink, knapp 15.000 Tonnen Blei und immer noch rund 1.500 Tonnen Zinn schätzte man aus den jahrhundertelang aufgehäuften Schlacken wirtschaftlich nutzbar zu machen. Dazu rechneten sich laufende Verhüttungsrückstände. Bei Erfolg sollten mit dem Verfahren Schlacken aus ganz Deutschland recycelt werden. Nachdem der Prozess entwickelt war, begannen 1940 auf dem historischem Hüttenstandort Muldenhütten die Bauarbeiten zu einer metallurgischen Anlage, die nach Fertigstellung ohne Zweifel zu den modernsten der Welt gezählt hätte. Aufgabe der „Schlackenmetall“ sollte es zunächst sein, der deutschen Kriegsindustrie hochwertiges Roheisen und Buntmetalle zu liefern. Das Bauvorhaben konnte nicht zum Abschluss gebracht werden, der Kriegsverlauf führte zu Problemen bei der Bereitstellung von Material und Arbeitskräften. Mehrmalige Stilllegungsverfügungen des Reichsministers für Rüstung und Kriegsproduktion konnten durch den Sächsischen Gauleiter zwar aufgehoben werden, im Januar 1945 war jedoch Schluss.
Die Besatzungsmacht zeigte nach Kenntnisnahme des geplanten Vorhabens Interesse. Sämtliche Unterlagen mussten übergeben werden. Es kam jedoch zu keiner Fortführung.
Mit dem Projekt verbindet sich darüber hinaus ein bedeutsames Kapitel Zeitgeschichte mit unterschiedlichsten menschlichen Schicksalen während des Zweiten Weltkrieges und in der unmittelbaren Nachkriegszeit, das längst noch nicht umfassend aufgearbeitet ist. Auch hierzu leistet das Buch einen wichtigen Beitrag, ist doch die Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří nicht nur Schauplatz technischer und technologischer sowie kultureller und künstlerischer Entwicklungen gewesen, sondern mehr noch sozialer, politischer und gesellschaftlicher Wandlungsprozesse.
Das Buch mit der ISBN 978-3-00-072612-5 ist bei der Geschäftsstelle des Sächsischen Landesverbandes der Bergmanns-, Hütten- und Knappenvereine e. V. (Kontakt per E-Mail vorsitzender2@bergbautradition-sachsen.de) sowie über den Buchhandel zu beziehen.
Text und Fotos: Heino Neuber